Geschwindigkeit statt Perfektion! Ja, Aber Qualität muss sein.

01.03.2021

Angenommen du hast dein MVP (Minimum Viable Product) gefunden und ein „minimal brauchbares“ Softwareprodukt auf den Markt gebracht. Die ersten Kunden sind gewonnen, hier und da gibt es aber wie erwartet Probleme. Nun ist es an der Zeit, dein Produkt mit einer ordentlichen Geschwindigkeit weiterzuentwickeln und gleichzeitig unternehmerische Stabilität zu gewinnen. Doch das ist manchmal leichter gesagt, als getan.

Ein selbstständiger Softwareentwickler aus Bochum wandte sich vor einigen Monaten an mich. Wir tauschten uns schon vorher öfter bei Xing aus und trafen uns auch schon persönlich.

Mann, der auf die Uhr schaut

Sein Unternehmen entwickelt eine smarte Applikation für die Steuerung von Klimasystemen. Seine Strategie schien gut durchdacht zu sein - eine schlanke Softwarelösung basierend auf agiler Entwicklung. So wie man das doch heute machen sollte, oder?

Und doch schrieb er mir letztens „ich bin wirklich enttäuscht von so manchen Programmierern“. Er erzählte mir von seinem bisherigen Entwicklerteam, von dem einige Personen es mit der Qualität nicht so ernst nahmen. „Klar, wir mussten unser Produkt schnell an den Mann bringen. Perfektionismus ist da unangebracht. Aber DAS war damit sicher nicht gemeint.“

Nun war da eine durchaus verkaufskräftige Software für Sanitär-, Heizung- und Klimabetriebe, die leider in den Kinderschuhen stecken blieb. Warum? Das Produkt steckte voller Fehler. Dies führte dazu, dass die Supportmeldungen der paar wenigen ersten Kunden inzwischen mehr Arbeit fraßen, als die Weiterentwicklung. So war das nicht gedacht!

Er selbst war immer eine Kämpfernatur und kam vor 10 Jahren aus Brasilien als Quereinsteiger nach Deutschland. Ursprünglich war er Handwerker im Sanitärbereich und entwickelte in seiner Freizeit kleinere Softwareprojekte. 2018 entwickelte er ein Konzept für sein Produkt und gewann einen Förderpreis. Ganz optimistisch ließ er sich auf die Zusammenarbeit mit vier freien Entwicklern ein. Er selbst kümmerte sich um den Vertrieb und merkte nicht, dass sein Team schlampte, was das Zeug hielt.

„Ich möchte kein Geld mehr für schlechte Dienstleistungen ausgeben. Ich wünsche mir ein Entwicklerteam, das mir ehrliches Feedback zu Problemen gibt und nicht nur die eigenen Ziele verfolgt.“

Zwei Personen vor einem Board mit Haftnotizen

Als ich hörte, was bei ihm falsch lief, schlug ich ihm vor, mit ihm einen Plan zu machen um festzulegen, welche Schritte jetzt Sinn machen könnten. Schnell war klar, dass er mehrgleisig fahren müsste. Das Budget und die Zeit waren knapp.

Zunächst war eine effizientere Bearbeitungen der Supportfälle wichtig, damit wieder Zeit für das Wesentliche blieb. Parallel dazu sollten die schlimmsten Bugs beseitigt werden um eine einigermaßen saubere Basis für die Weiterentwicklung zu schaffen. Nicht so relevante Bugs wurden aufgenommen und erst mal bei Seite geschoben.

Die beiden Damen aus dem Supportteam freuten sich riesig, als wir ihnen das neue Ticketsystem zeigten. Es war eine Open Source Lösung, die die Bearbeitungszeit einer Kundenanfrage verringern sollte. Was aber viel besser war: Die beiden konnten hier nach Lösungen von immer wiederkehrenden Kundenanfragen suchen und Antworten geben, ohne dass ein Entwickler hinzugezogen werden musste.

Um ein neues Release zu planen, setzten wir uns im Team zusammen. Ziel war es, so schnell und sauber wie möglich, die schwerwiegendsten Fehler zu beheben und inzwischen eingegangene Kundenwünsche mit zu berücksichtigen. Einige Bugs waren offensichtlich und schnell zu beheben, andere wiederum erforderten eine Neuprogrammierung der Logik.

Während der Entwicklung der neuen Version, wurde auch das Qualitätsmanagement und die Dokumentation überdacht. Die nächsten Versionen sollten zügiger und systematischer durchgearbeitet werden können.

Schon bald nach Veröffentlichung des neuen Releases, wurden die Kunden mittels eines Fragebogens um ihr Feedback gebeten. Es hatte sich anscheinend gelohnt. Die meisten Befragten haben positives Feedback gegeben und einige sogar Wünsche für die nächste Version geäußert.

Fazit

„Jeder Tritt in den Hintern ist ein Schritt nach vorn.“ (Zitat Klaus Klages, deutscher Gebrauchsphilosoph). Anscheinend gilt diese auch in der modernen Softwareentwicklung.

Um ein Softwareprodukt weiterzuentwickeln, ist es wichtig, auch vergangene Fehler zu berücksichtigen. Aus ihnen kann man sehr viel lernen. Zudem ist ein vertrauensvolles Entwicklerteam und der stetige Blick nach vorne essenziell.

von Daniela Brigula

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